[SE] [NO] Nördl Kungsleden + Lofoten (inkl Fotos)

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    [SE] [NO] Nördl Kungsleden + Lofoten (inkl Fotos)

    Tourentyp
    Lat
    Lon
    Mitreisende
    Land: Schweden, Norwegen
    Reisezeit: 29.07.2007 - 14.08.2007
    Region/Kontinent: Nordeuropa

    Moin allerseits,
    da mir hier so viele fleißig bei der Planung unserer Reise geholfen haben, möchte ich mich hier mit einem Bericht und vielen Fotos revanchieren.
    Ich hoffe ihr habt genausoviel Spaß beim Lesen, wie wir beim Wandern.

    Aus Zeitgründen wird dies ein Episodenbericht. Ich versuche möglichst schnell weiter zu schreiben.
    Los geits.
    ______________________

    Ich kannte Schweden und Norwegen schon von diversen Besuchen, in denen ich die Länder mit dem Auto und Übernachtungen in Hütten kennengelernt hatte. Es war also nur eine Frage der Zeit, bis mich das Hiking Fieber so richtig erfassen sollte und ich Ende Frühjahr 2007 anfing mich nach Informationen bezüglich gut geeigneter Wanderwege und dem nötigen Wissen umzuschauen.
    Ursprünglich wollte ich zwei Wochen lang auf den Lofoten Wandern/Klettern. Nachdem ich jedoch eine National Geographic mit dem Artikel "Top 11 Trails of the World" in die Finger bekommen hatte, wurde die Inselgruppe im Nordmeer recht pronto durch den Kungsleden ergänzt.
    Einige viele Abende Recherche ergaben dann, insbesondere auch mit Hilfe des outdoorseiten.net Forums, eine Vorstellung vom Weg und Unmengen wichtiger kleiner Details.
    Nachdem wir -mein Grundschulkumpel Pempi und ich- unsere Kreditkarten im örtlichen Globetrotter arg strapaziert hatten, waren wir auch für alle Erdenklichen Situationen gerüstet und es konnte losgehen.

    28.07.2007
    Ich Reise aus Köln nach Hamburg an, wo wir letzte Besorgungen tätigen und unsere Rucksäcke Probepacken. Ohne Nahrung und Brennstoff sind wir beide bei etwa 15kg Gewicht.

    29.07.2007
    Gegen 14 Uhr geht es los zum Ryanair Flughafen in Hamburg Lübeck, wo wir uns noch spontan mit einer Flasche Glenfiddich eindecken und gegen 17 Uhr in die Luft gehen. Ein wenig Spaß darf auch bei einer Wanderung nicht fehlen ;)
    Nach der Ankunft in Stockholm geht es mit dem Bus zum Hauptbahnhof. Auf der Fahrt stellen wir durch empirische statistische Methoden heraus, dass mindestens 33% aller Autos Saabs und Volvos sind. Unser Plan sieht vor in den 3h Zeit, die uns bis zur Abfahrt des Veolia Transport Zuges gen Norden um 22 Uhr bleiben
    a.) Kultur Testen: BurgerKing
    b.) Verpflegung kaufen
    c.) Gas kaufen
    Die Chronologie spiegelt die Priorität in diesem Fall recht gut wieder.
    Ein Burger King ist zum Glück schnell gefunden. Fakt ist: Am Hbf gibt es so gut wie keinen Ort, an dem man nicht mindestens ein FastFood Restaurant erblicken kann. Wir müssen konstatieren: Die Schweden haben Kultur 
    Die Grillfachkraft geht dann auch recht leisure an die Bestellungen und so brauchen wir von Sichtung des Schlemmertempels bis zum letzten Happen über eine Stunde Zeit.
    Einen vernünftigen großen Lebensmittelladen können wir dann im Folgenden leider nicht mehr finden und so kaufen wir in einem TanteEmma Laden das allernötigste, um die Bahnfahrt gen Norden zu Überstehen. Manchmal muss man halt Prioritäten setzen.
    Gas lässt sich allerdings überhaupt nirgends finden und die Spiritus-Anarchos können uns auch nicht so recht Auskunft geben, bis wir beide beim Anblick eines Engels in Uniform, Lederhandschuhen, Kanone und Pfefferspray am Gürtel für kurze Zeit ins Wachkoma fallen. Ein Polizistin wie es sie sonst nur auf Beteigeuze gibt, ist schon reichlich unverschämt und führt sicher zu der einen oder anderen Komplikation im Alltagsleben. Wir sind uns schnell einig: Von der Lady würden wir uns gerne mal verhaften lassen… Ich bin kurz gewillt sie um Erlaubnis für ein Foto zu bitten – rein aus professionellem Interesse selbstredend ^^
    Schnell stellt sich jedoch heraus: „You can buy gas in Gas Stations but you won’t find any in the city. It’s forbidden and all other shops are closed”. ****!
    Naja, im Probleme vertagen sind wir beide ungeschlagene Weltmeister und so hoffen wir auf mehr Glück in Kiruna.
    Nach ein wenig Herumwandern im Bahnhof wird klar: Die Schwedischen Männer leben im Schlaraffenland. Ein Babe nach dem Nächsten und BurgerKing ohne Ende…Unterschwellig hoffen wir auf 4 blonde, blauäugige schwedische Grazien in unserem 6er Abteil. Zunächst sind wir allein, doch dann die Ernüchterung: Statt Eva Padberg steigt ein dicker Vater mit zwei dicken Kindern hinzu und eine Station später eine höchst unkommunikative Schwedin, deren Lebenssinn einzig und allein Schlafen zu sein scheint. Naja Latex.

    30.07.2007


    Ja, auch das muss sein

    Der Zug sammelt 2h Verspätung auf der Fahrt gen Norden und so steigen wir nach 19 Stunden Bahnfahrt gegen 18 Uhr in Kiruna aus. Es ist am Pladdern und ein Geschäft, das Gas führen könnte ist so direkt auch nicht auszumachen. Auch ein BurgerKing fehlt hier gänzlich. Scheißkaff ;)
    Bugger me, in Nikkaluokta wird es schon was geben. Wir verladen unsere Rucksäcke in einen der wartenden Busse und wollen gerade mit Plastik bezahlen, da gibt es den ersten Schlag straight in die Visage: Bezahlung nur per Cash. Cash haben wir nicht. Etwas enttäuscht und über uns selbst verärgert laden wir unsere Rucksäcke wieder aus und wollen uns gerade auf den Weg zu einem Bankomaten und einem Zeltplatz machen, als uns ein Fahrgast zurückpfeift: „I will pay for you guys“
    Schwer relaxeter Kerl. Es soll in Nikkaluokta wohl die Möglichkeit geben Geld abzuheben, sodass wir es ihm dort zurückzahlen können.
    Der Gute hat uns somit einen halben Tag Urlaub geschenkt und glücklich geht’s auf nach N. Zwei Busse fahren Kolonne. In unserem ist die komplette Frontscheibe einmal gerissen und der vordere Bus entscheidet sich nach 250m, dass er keine Lust mehr hat und macht einen auf Totalstreik. Es wird also recht kuschelig in unserem Bus.
    In Nikkaluokta dann das freudige Erlebnis: Sie haben sowohl einige wenige Fertigsuppen als auch Gas! Allerdings ist in allem Essen Milch enthalten, was ich Lactoseallergiker eher weniger spannend finde. Brechdurchfall im Fjaell, ich kann mir geileres vorstellen. Naja in Kebnekaise wird es schon irgendwie was geben denken wir uns und laufen zum Helikopterstartplatz. Dort angekommen sind wir erstaunt über die Meute, die etwas missmutig vor dem Rezeptionshäuschen sitzt. „Is it possible to go tonight?“ „Oh well, probably not, they’re having technical problems. We’ve been waiting for hours”.
    Hm, dann halt nicht. Reservierung für den nächsten Tag wird noch schnell erledigt und dann machen wir uns auf den Weg Richtung Kebnekaise, wo wir nach etwa 2km einen schönen Zeltplatz finden. Und Mücken. Dutzende, Hunderte, Tausende, Millionen, Milliarden. „Hilfeeeeeee“.



    Wir verkriechen uns in die Jacken, ziehen Schutzgaze über und Handschuhe an. Es ist ein sehr erhabenes Gefühl die kleinen Scheißviecher am Versuch einem etwas anzuhaben kläglich scheitern zu sehen. Dumm nur, dass nicht wenige Tiefflieger beim Überflug unseres heißen Kochtopfes den Sudden Death sterben und post mortem Punktlandungen in unseren Macaroni machen. Mhm, lecker Fleischbeilage…
    Ab geht’s nach dem Essen ins Zelt. Eine Oase der Ruhe, des Friedens und der Glückseligkeit. Wir diskutieren noch ein wenig über die Lebensberechtigung von Mücken. Ein interdisziplinärer Disput, der über die reine Biologie weit hinaus geht, entbrennt und schnell wird das Thema philosophisch. „Warum haben sich Mücken entwickelt?“ „Worin liegt ihre biologische Funktion?“ "Was ist ihre soziologische Funktion?" "Haben sie eine Berechtigung diesen Planeten zu terrorisieren?" „Ist es moralisch grenzwertig beim Gedanken an eine Ausrottung der ganzen Rasse Mücke leuchtende Augen zu bekommen?“ „Tut man damit nicht der Menschheit und allen anderen Organismen einen großen Gefallen?“ „Ist es vertretbar das Leben einer Art zu opfern für das Wohlergehen des größeren Ganzen?“ Schwierig, schwierig
    Wir schlafen ein und werden erst durch Beben des Zeltes und lautes Geflatter recht abrupt geweckt. Einmal mehr offenbart sich uns die Primitivität der uns umgebenden belebten Natur. Ein etwas übermotivierter Piepmatz auf XTC hat sich zwischen Innen und Außenzelt verirrt, ist bis nach ganz oben geflogen und macht großen Terror bei dem Versuch das Außenzelt mit Gewalt zu durchbrechen.
    Nun ist guter Rat teuer. Mit dem Wissen im Hinterkopf, dass Vögel bei Angst und in Stresssituationen instinktiv anfangen zu fäkieren, kann man das Viech ja auch nur in begrenztem Maße aktiv lenken. Doch es gelingt uns schließlich und wir versuchen wieder einzuschlafen, was mir wegen der Helligkeit nicht leicht fällt.

    31.07.2007
    Um 9:00 nehmen wir den Helikopter. Zunächst habe ich noch ein etwas mulmiges Gefühl, nachdem sie gestern technische Problem hatten und Mundil hier im Forum noch kundttat, dass beim letzten Mal ein Hubschraube nicht auf, sondern gegen den Kebnekaise geflogen sei…



    Es stellt sich schnell als eine tolle Sache heraus. Knapp unter den tiefhängenden Wolken geht es das Tal zur Kebnekaise Fjällstation hinauf, wo wir entgegen allen Skeptizismen wohlbehalten landen.
    Ich fühle mich wieder einmal in meiner verdrängenden Herangehensweise an komplexe Problemstellungen bestätigt, als es wir entdecken, dass es im Kebnekaise Shop diverse tolle Gerichte völlig ohne Milch gibt.
    Für 90€ decken wir uns mit Fressalien für die nächsten paar Tage ein und machen uns dann ganz balante auf in Richtung Kebnekaise-Gipfel. Auffällig ist, dass wir die einzigen sind, die mit großen Tourenrucksäcken den Aufstieg wagen.









    Und 8,5 Stunden später wird uns knapp unter dem Gipfel bewusst warum. Wir sind an der Grenze unsere Leistungsfähigkeit angelangt. 18kg Gepäck, Nebel, Regen, starker Wind und dann auch noch Schneefall mit Sicht gegen 0. Wir entschließen uns die Nothütte aufzusuchen und empfinden sie als den einladensten Ort der ganzen Welt.



    Hier probieren wir auch zum ersten Mal „REAL TURMAT von Drytech.“ Ein ganz vorzügliches Produkt. Die Temperaturen liegen auch in der Hütte bei unter 0° und der Atem gefriert ganz leicht an den Mützen. Endlich habe ich mal Gelegenheit meinen Schlafsack vernünftig zu testen und tatsächlich ist es voll zugezogen mit einem t-shirt nach kurzer Zeit zu warm.
    Völlig erschöpft schlafen wir im höchsten Gebäude Schwedens auf 1950m ü.NN. ein, bis wir mitten in der Nacht durch dumpfes Stampfen geweckt werden. Die Tür wird quietschend aufgestoßen und ein Mann steht mitten in der Nacht im Rahmen und ist so schnell wie er kam wieder verschwunden.
    „Was war das?`“
    “Da stand n Kerl in der Tür“
    „Was wollte der?“
    „Keine Ahnung, ist wieder gegangen“

    "Nadenn. Gute Nacht."


    ________
    to be continued
    Zuletzt geändert von boehm22; 28.03.2012, 20:43.

  • Gast-Avatar

    #2
    Ich fühle mich wieder einmal in meiner verdrängenden Herangehensweise an komplexe Problemstellungen bestätigt,
    Schön geschrieben. Da geht noch was!!
    Weiter. Ich muss morgen in den Nachtzug nach Kiruna

    P.

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    • schnuffiwuffi
      Erfahren
      • 12.06.2006
      • 450

      • Meine Reisen

      #3
      Absolut genialst geschrieben Hatte gerade eine sehr spaßige Mittagspause! Auch die Fotos sind nicht von schlechten Eltern.

      Also: mehr davon!

      "Ist es moralisch grenzwertig beim Gedanken an eine Ausrottung der ganzen Rasse Mücke leuchtende Augen zu bekommen?"
      Bedenke, dass schon Homer Simpson gewaltigen Schaden mit dem Zertreten einer einzigen Mücke angerichtet hat! Was soll dann werden, wenn die ganze Art ausgerottet wird


      Schnuffiwuffi
      Regnet kommer, regnet går - og bak ligger alltid solen

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      • derMac
        Freak
        Liebt das Forum
        • 08.12.2004
        • 11888
        • Privat

        • Meine Reisen

        #4
        Genau, weitermachen!

        Mac

        Kommentar


        • Christian J.
          Lebt im Forum
          • 01.06.2002
          • 9228
          • Privat

          • Meine Reisen

          #5
          geil geschrieben!
          "Er hat die Finsternis der Latrinen ertragen, weil in der Scheiße nach Mitternacht sich manchmal die Sterne spiegelten"
          Durs Grünbein über den Menschen

          Kommentar


          • Der Waldläufer

            Alter Hase
            • 11.02.2005
            • 2941
            • Privat

            • Meine Reisen

            #6
            Ich freu mich auch schon auf die Fortsetzung!!

            OT: Aber meint Ihr nicht, dass man mit der Threadbewertung nicht noch ein bißchen warten sollte!? Jetzt schon die 5 zu vergeben ist doch ein klein wenig voreilig, oder nicht!?
            I knew with a sinking heart that we were going to talk equipment. I could just see it coming. I hate talking equipment. "So what made you buy a Gregory pack?" he said. "Well, I thought it would be easier than carrying everything in my arms."

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            • Werner Hohn
              Freak
              Liebt das Forum
              • 05.08.2005
              • 10870
              • Privat

              • Meine Reisen

              #7
              OT: Wenn er so weitermacht passen die Sterne schon. Es ist ja auch eine Ansporn.

              Werner
              .

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              • kleinhirsch
                Fuchs
                • 07.09.2006
                • 1560
                • Privat

                • Meine Reisen

                #8
                Auch von mir eine sehr dickes Lob! Macht echt Spaß, deinen Bericht zu lesen.
                Bei mir geht es am Montag das erste Mal Richtung Norden. Die wichtigste Erkenntnis für mich war der BurgerKing am Stockholmer Hbf. Das Abendessen am Montag ist ohne große Suche gerettet.

                Uli

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                • Gast-Avatar

                  #9
                  1.8.2007

                  Ich stelle mir für irgendwann den Wecker, um zumindest mal aus dem Bullauge nach der Großwetterlage Ausschau halten zu können. Entweder hat sie mich nicht begeistert, oder meine Faulheit hat gesiegt. Genau weiß ich es nicht mehr – die Strapazen des Vortages ließen mich aber wohl recht pronto den Wecker ruhig stellen und so wache ich erst x+2h auf um festzustellen, dass es einige blaue Löcher gibt. Rausgestrazt. Morgentoilette. Blauen Löcher für real befunden. Reingestratzt. Pempi geweckt (Stichwort: „Los los los, blauer Himmel, Abmarsch in 5min“ - "wer wie was wo???")

                  Nachdem Pempi unter Ächzen und Stöhnen seinen Motor angeschmissen hat, machen wir uns ohne Gepäck auf zum Gipfelsturm. Wir verspüren die Pure Leichtigkeit des Seins, einen Hauch Savoir Vivre und Dolce Vita - so ganz ohne Lasten auf unseren Schultern gleiten wir Federn gleich gen Gipfel, welcher hübsch vereist ist.



                  Ein schmaler Grat führt direkt am Abbruch des Gletschers hinauf und ein Fehltritt wäre sachte gesagt eine Grenzerfahrung.
                  Oben angekommen konstatieren wir, dass wir oben angekommen sind und gucken uns ein wenig um. Hier ist es wirklich schmal und zu beiden Seiten geht es bergab – und das nicht ohne.


                  1/8 Schwedens sind heute tendenziell nicht ganz zu sehen...

                  Nach 200 obligatorischen Gipfelfotos (jaja immer diese HDRI Panoramas) machen wir uns wieder an den Abstieg. Voller Elan stiefelt Pempi voran und wird zum ersten Mal seinem althergebrachten Ruf gerecht, indem er auf 2/3 des vereisten Gipfels unter einem „Wuaaar“-Ausruf ausruscht, auf den Hintern knallt und gnadenlos anfängt zu rutschen.
                  Zum Glück! rutscht er in die richtige Richtung und fängt nachdem er es auch realisiert spontan an mit Grölen und Klatschen seine immer noch anhaltende, schwer beschleunigte Talfahrt akustisch zu untermalen.
                  10:46 – die Fjaellraven Barents Trouser hält

                  Wir kehren wieder in unsere Hütte ein, in der wir uns irgendwie schon fast wie zu hause wähnen und bereiten Frühstück.
                  In dem kleinen Tante Emma Laden in Stockholm haben wir Cafeafficionados uns eine Familienpackung Nescafe Espresso gekauft, welcher heute morgen auf 1950Hm seinen ersten Einsatz erfahren sollte. Doch eben die Höhe sollte zu einem großen Dilemma führen.
                  An dieser Stelle ein Appell an die Nescafe Produktentwicklungsabteilung:
                  Denkt doch bitte bei der Konstruktion eurer Produkte auch mal an Trekker, die ihren Espresso in etwas luftigeren Höhen zum ersten Mal öffnen wollen. Ein Druckausgleichsventil wäre z.B. eine schöne Sache. Denn dann würde die Packung beim Öffnen des Verschlusses nicht laut puffen und 30% des Inhalts der Familienpackung auf 2m² Raumvolumen vergasen und in einem braunen Niederschlag auf mich und alles um mich herum herabregnen lassen…
                  Ganz klarer Fall: Nicht expeditionstauglich. Aber die Lacher waren auf meiner Seite ^^

                  Irgendwann so gegen späten Mittag machen wir uns dann auf den Abstieg, der erstaunlich leicht fällt.



                  Viele Schweden bezeichnen uns als „tough“ oder „cool“ für die Übernachtung oben. Ja, man könnte gar gewillt sein sich ein wenig etwas darauf einzubilden *g* - machen wir aber nicht. Vielmehr erreichen wir wieder das große Schnee/Eisfeld, welches mit einer Steigung von um etwa 20-30° 250Hm bis ins erste Tal zurücklegt.
                  Es fängt gerade an zu regnen, die Steine werden glatt und in Pempis Geiste materialisiert sich ein diabolischer Plan:

                  The Human Sledge…
                  Die Entscheidung ist recht schnell getroffen. Ich erkläre uns offiziell für total bescheuert und betrete das Eis während Pempi noch das Videoequipment klar macht. Wir zurren alles so fest wie die Leinen hergeben, schnallen die Regencapes über die Rucksäcke, Kapuzen zu, Ärmel zu, Hosen zu…und dann geht es los. Und wie es los geht…
                  Auf Hintern und Rucksack rutschen wir mit Affenzahn und Adrenalinturbo schneefräsengleich ins Tal.
                  Schwer zu schätzende 30 bis 45 Sekunden dauert die Fahrt auf der nur eine 0,5l Wasserflasche als Kollateralschaden zurückgelassen werden muss.
                  Nachdem wir heil! Unten ankommen, brüllt Pempi in einem Urschrei: „Das war die beste Idee meines Lebens!!!“. Dem kann ich beipflichten.
                  15:38 – auch das FourSeasons Imitat der Barents Trouser hält

                  Zitterig vom Adrenalin ahnen wir wieviel Zeit wir tatsächlich gespart und Risiko vermieden haben *räusper*. Vermutlich eine gute Stunde Klettern über nassen Stein an der schwierigsten Stelle des Aufstieges. Wir gratulieren uns zum Überleben und machen uns auf.
                  Ja, man könnte gar gewillt sein sich ein wenig etwas darauf einzubilden *g* - machen wir auch ;)
                  Nach kurzer Zeit erreichen wir das, was man beim Aufstieg als Flüsschen bezeichnet hat. Der viele Regen hat ihn allerdings über Nacht zu einem reißenden Strom anschwellen lassen, der uns die Passage nicht eben leicht macht.



                  Der einzige Weg abseits des Weges geht über Altschneefelder, die einen halben Meter über dem tosenden Wasser liegen. Hier habe ich tatsächlich richtig Schiss. Wenn man hier einbricht heißt es mit Brief und Siegel Sayaonara. Zum Glück hält das Eis und wir erreichen das Tal. Das Wetter spielt uns aber übel mit. Dauerregen und gute 8Bft machen diverse kleinere Flussüberquerungen nicht eben leichter, dafür unsere Füße nasser.
                  Anmerkung: Der Lowa Vertex GTX mag ja Schuh des Jahres 2005 gewesen sein…Wasserdicht ist er aber leider überhaupt nicht!



                  Vollkommen erschöpft schlagen wir unser Zelt schließlich im Windschutz eines riesigen Monolithen etwas abseits des Kungsleden auf und genießen Real Turmat Lapskaus. Wir befinden es für das beste Mahl unseres Lebens und genießen die Wärme im Zelt.
                  Irgendwas müssen wir jedoch mit den Schuhen machen. Insbesondere Pempis Lederlatschis sind vollkommen durchnässt. Wozu hat man denn eigtl einen Expeditionsbrenner denke ich mir und schwups heizen wir unsere Schuhe mit 2200Watt. In meinem Eifer übertreibe ich es dabei natürlich leider ein wenig und verkokel den halben oberen Schaftabschluss meines linken Stiefels. Brennstoff ist kostbar (99 Kronen in Nikkaluokta um genau zu sein) – da muss man schon mal dichter ran mit die Treterli. Opfer muss man halt bringen…
                  Wir wollen noch gemeinsam ein wenig Tagebuch weiterschreiben, doch Pempi ratzt innerhalb von geschätzen 17,3 Sekunden tief und fest ein. Auch mit Stupsern auf die Nase ist er nicht mehr zu wecken. Ich bin dummerweise nicht im Geringsten müde, und schreibe daher das Tagebuch zu Ende und lese dann bis 00:45 ohne künstliches Licht im Zelt meinen Harry Potter zu Ende. Jawohl ich stehe dazu!
                  Der Wecker für den nächsten Tag ist auf 7:00 gestellt. Gute Nacht.

                  __________
                  to be continued (bin bis zum 3. September im Ausland. Dann geht es weiter. Vielen Dank für eure Anmerkungen bisher und weiterhin viel Spaß )
                  Zuletzt geändert von Sandmanfive; 28.03.2012, 20:41. Grund: Reisebericht wiederhergestellt

                  Kommentar


                  • Der Waldläufer

                    Alter Hase
                    • 11.02.2005
                    • 2941
                    • Privat

                    • Meine Reisen

                    #10
                    Mit welchem Zelt wart Ihr unterwegs?
                    I knew with a sinking heart that we were going to talk equipment. I could just see it coming. I hate talking equipment. "So what made you buy a Gregory pack?" he said. "Well, I thought it would be easier than carrying everything in my arms."

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                    • Pempi
                      Anfänger im Forum
                      • 25.08.2007
                      • 31

                      • Meine Reisen

                      #11
                      Hatten das Marmot Bise 3P mit am Start. Super Ding und nicht zu teuer - ausserdem wesentlich wetter/sturm-fester als es uns der Globetrotter Verkäufer hat glauben lassen... aber dazu später sicher mehr ;)
                      If you're going through Hell... Just keep on going

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                      • Werner Hohn
                        Freak
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                        • 05.08.2005
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                        • Meine Reisen

                        #12
                        Zitat von Jan Vincent Beitrag anzeigen
                        [...]Unterschwellig hoffen wir auf 4 blonde, blauäugige schwedische Grazien in unserem 6er Abteil. Zunächst sind wir allein, doch dann die Ernüchterung: Statt Eva Padberg steigt ein dicker Vater mit zwei dicken Kindern hinzu und eine Station später eine höchst unkommunikative Schwedin, deren Lebenssinn einzig und allein Schlafen zu sein scheint.[...]
                        Auch als Leser kann man das nur bedauern.

                        Werner
                        .

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                        • Christian J.
                          Lebt im Forum
                          • 01.06.2002
                          • 9228
                          • Privat

                          • Meine Reisen

                          #13
                          Bei unserer letzten Tour da oben (is schon paar Jahre her) war der running gag immer "Jungs, kämmt euch die Haare, hinter der nächsten Kurve wartet das schwedische Bikiniteam!"
                          "Er hat die Finsternis der Latrinen ertragen, weil in der Scheiße nach Mitternacht sich manchmal die Sterne spiegelten"
                          Durs Grünbein über den Menschen

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                            #14
                            So sorry Mädels, ich hatte ein paar Internet Problemchen zu lösen, bevor es nun weitergehen kann. Hier jetzt auch erstmal nur ein kurzer Part. Morgen mehr.


                            2.8.2007

                            Ich schlafe wie immer recht schlecht und ahne irgendwann, dass es im Zelt unverhältnismäßíg hell ist, bin aber zu faul der Ursache auf den Grund zu gehen (man müsste dazu einen Arm aus dem Schlafsack bemühen, den Reisverschluss des Innenzeltes UND des Außenzeltes bewegen…) und dümpel noch ein paar Stunden im Halbschlaf herum, bis sich ein Klogang nicht mehr vermeiden lässt und mein Überlebenstrieb die Faulheit besiegt (ich glaube eine geplatze Blase ist mittelschwer unschön…)
                            Unter maximalem Krafteinsatz führe ich oben aufgeführte Prozedur durch und schiebe schließlich die Plane weg



                            *BÄM*
                            Knallt mir doch die Sonne einfach so genau mitten in meine beiden Netzhäute hinein. Kein Wölkchen, dass sich auf meine Seite schlägt, kein Dunst, kein Smog. Vollkommen überrumpelt von der Blendung muss ich erstmal die armen Äuglein schließen und mich wieder in den Schlafsack sinken lassen.
                            Nach vollzogener Adaption geht’s dann schließlich doch ’um Stein, wo die Sonne mir herrlich den Rücken wärmt während meine Blase Dankesgebete gen Himmel sendet.
                            Es ist keine einzige Wolke zu sehen. Der Himmel hat die typisch nordskandinavische tiefblaue Farbe angenommen und die Sonne hat selbst um 6:30 erstaunlich viel Kraft.



                            Ich rekapituliere: Gestern liefen wir durch so ziemlich das beschissenste Wetter, hatten nur wegen der Anstrengungen kein Auge dafür, bloß nasse Füße. Heute: Wetter so schön wie –hm mir fehlt ein Vergleich- schön halt!
                            Wir trocknen unsere nassen Sachen und brechen langsam das Lager ab. Auf geht’s. Der erste richtige Tag auf dem Kungsleden ruft. Um ausreichend Zeit auf den Lofoten zu haben, haben wir uns vorgenommen jeden Tag ein wenig mehr als die normalen Etappen zu laufen. Wir kommen gut voran und laufen durch ein zauberhaftes Tal. Mit hochgekrempelten T-Shirts geht es an glasklaren Seen vorbei, über dutzende Bäche immer entlang des Flusses Richtung Singi Hütten.
                            Es ist herrlich kein Wasser mit sich herumschleppen zu müssen. Sobald wir Durst verspüren ist auch schon ein Bach zur Hand, der eiskaltes, äußerst leckeres Wasser serviert.







                            Nach einer kleinen Pause in einem See (eiskalt, still und wunderschön wie Lyrics in einem HIM Song ^^) treffen wir schon bald auf ein Schildchen welches nur noch 3km Distanz bis Singi signalisiert. Aye, das ging ja mal recht fix denken wir uns und laufen ne Runde weiter. Die 3km strecken sich allerdings gewaltig. Als Singi schließlich in Sicht ist, tut Pempi sich ein wenig entleeren und fängt urplötzlich an zu brüllen und sucht wie n wilder den Boden um sich herum ab. Ich frag mich doch glatt was er sich gerade amputiert hat und beobachte ein wenig belustigt das Geschehen 20m von mir entfernt. Rufe mit der Frage was denn nun los sei, werden seinerseits völlig ignoriert so konzentriert werden Steine gewälzt.
                            Schließlich kommt er mit schwer erzürnter Miene auf mich zu:
                            „Die Wichser, die können so was doch nicht als Outdoorware verkaufen. Da willste Pissen und was passiert? Erstmal reiße ich mir hulkmäßig den Hosenknopf ab. 60€ für ne stinknormale Hose und beim ersten benutzen bricht alles auseinander. Wie sieht das denn jetzt aus???“
                            Ich stehe der Geschichte recht indifferent entgegen und studiere weiter die Karte während Pempi noch eine Weile vor sich hin flucht. Haha der hatte schon ziemlich schlechte Laune.
                            Recht fix erreichen wir dann schließlich die Singi Hütten und freuen uns schon auf einen gut sortierten Laden wie in Kebnekaise, wo wir unsere Vorräte aufstocken können. Hochmotiviert fragen wir den erstbesten Leidgenossen: „Hej, we wonder where the shop is. Do you know?“
                            „Yeah, it’s 12km away in Sälka. But it’s not that far you can make it in 2 to 3 hours“

                            Hm, zum Glück haben wir noch genug Real Turmat. Nur das Müsli ist uns ausgegangen. Und so vernichten wir erstmal jeder 2 Portionen am Bach in Singi. Wir erklären die Welt unisono für eine gute Erfindung und genießen die wohl letzten Sonnenstrahlen, denn von Süden her kommt eine hübsche Suppe herangerollt.
                            So gegen 16:00 machen wir uns wieder auf und fangen aus irgendeinem Grund an alles und jeden Scheiß zu intonieren.
                            Angefangen bei Queens Don’t Stop me now über zweioktavige Duette von Robbies Angel bis zum Requiem d-moll KV 626. Hm ok letzteres eher nicht aber schön war es allemal und ich fürchte Don Pempone hat im wahrsten Sinne der Phrase hinter meinem Rücken einiges auf Band verewigt.
                            Hier wäre wohl auch der richtige Zeitpunkt um auf das Video hinzuweisen, was parallel am Entstehen ist. Ein Trailer ist schon online – (Pempi du könntest den hier mal posten. Die Domain ist registriert)
                            Bald fängt es wieder an zu regnen und wir laufen und laufen und wenn wir nicht in eine Hütten eingekehrt wären, liefen wir noch immer.
                            Hier gibt es natürlich wieder einmal Real Turmat (Das sind schon 25€ Dry Tech pro Person am heutigen Tage…aber wie Pempi so schön sagt: „Ich bin im Urlaub, da will ich doch auf nix verzichten“. Recht hat er!) Außerdem sind wir ein wenig erschöpft und haben uns damit das Mal verdient. Basta!
                            Dazu gibt es ne Runde Kaffe und Whisky und beides zusammen und ne Zigarre und eine Filmdiskussion. U.a. geht es um den emotionalsten Film; wir rekonstruieren die Chronologie der Ereignisse und Lebensabschnitte des Forrest Gump und parlieren über die Gemeinsamkeiten und Gegensätze von Serien und Filmen. Kurz gesagt: Eigentlich geht es uns recht gut
                            Immer mal wieder haben wir kurz Begleitung. U.a. 2 Finninnen, die kein Englisch sprechen und damit dem regen Meinungsaustausch über grundlegende Weltanschaungen sehr schnell das Wasser abgraben. Oder wie der Finne sagen würde: „Aahruooo hanaaatoui wooalmg“
                            Ja ne is klar. Wer die Sprache erfunden hat, sollte mal im Grab drüber nachdenken, wie er damit nachkommende Generationen vom Weltgeschehen ausgegrenzt hat. Praktisch ist das nicht. Und von purer Ästhetik kann man bei einer Sprache, die wie Japanisch und Russisch mit Schluckauf klingt auch nicht gerade sprechen.
                            Ebenso treffen wir eine französische Familie, die ihre zwei Töchter (13 und 15 wenn ich mich recht erinnere) durch die Pampa schleift. So richtig begeistert schienen die beiden nicht zu sein. Naja mir Latex.
                            Nachdem alle weg sind, befreien wir erstmal den Ofen von all dem Müll, den irgendwelche Vollspacken nicht mehr mit sich rumschleppen wollten und grübeln, wie wir das gute Stück möglichst schnell angefeuert bekommen.
                            Da hat der Pragmatiker in mir schließlich eine tolle Idee: Mit nem Gaskocher kann man nicht nur Schuhe trocknen und ein wenig Essen bereiten. Nein, man kann so auch mit ’ner Menge Wumms Feuer entzünden.



                            So dachte ich zumindest. Ganz möchte es nicht klappen aber so lange wollen wir sowieso nimmer bleiben also packen wir unsere Sachen gegen 20:00 und marschieren noch eine Runde weiter.
                            Und wie wir marschieren. So ein Tempo haben wir bisher noch nicht hingelegt. Unsere bildprozessierenden Cortexe arbeiten auf Höchsttouren. Und wir laufen scheinbar mühelos bis kurz vor Sälka, wo wir irgendwann an einem hübschen Fleckchen unser Zelt aufschlagen, sodass wir am nächsten morgen innerhalb von einer halben Stunde in Sälka unser Frühstücksmüsli kaufen können. Unterwegs treffen wir noch auf einen todesmutigen Lemming. Der Regen hat aufgehört aber der Himmel ist noch immer schwer bedeckt.
                            Was auch ohne ND Filter ein paar längere Belichtungen zulässt.




                            Ach je Zeitsprünge. Dafür habe ich in der Schule schon immer einen Punkt Abzug bekommen. Also zurück zum Präsens: Wir liegen im Zelt, und eigentlich steht für mich das obligatorische Tagebuchschreiben und für Pempi das ins Koma fallen an, doch diesmal nicht. Ich tippe auf unterirdische Flüsse deren Magnetfelder eine unterbewusste Wirkung auf mein Biosystem haben. Will heißen: Ich spiele Pempi und bin in nicht mehr messbarer Zeit weggetreten. Ist schon geil so wie der schlafen zu können muss ich feststellen.

                            ...Morgen gehts weiter
                            Zuletzt geändert von anja13; 28.03.2012, 20:42. Grund: Beitrag wieder hergestellt

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                            • Glen S.
                              Erfahren
                              • 18.07.2005
                              • 281

                              • Meine Reisen

                              #15
                              Klasse geschrieben! Macht Spaß
                              Grüße Claus

                              "Everyone rises to their level of incompetence."

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                              • Gast-Avatar

                                #16
                                3.8.2007

                                Am morgen wieder allerbestes Wetter. Stahlblauer Himmel und Sonnenschein weckt uns nach gestrigem Grau in der zweiten Hälfte des Tages.
                                Im Fluss starten wir unsere erste große Waschaktion. Vincent wäscht 2 Socken und eine Shorts, Pempi diverses und unter pussyhaftem Gekreische seine Haare.




                                *gähn*

                                Mit den nassen Klamotten draußem am Rucksack geht es nach Sälka wo wir nach wenigen Minuten ankommen.
                                Wir sind also gestern tatsächlich fast zwei Tagesetappen (knapp hinter Kebnekaise Fjällstation bis kurz vor Sälka) gestiefelt. Naja wir sind halt jung und fit und generell total toll Mal abgesehen davon ist der Kungsleden was die Kondition betrifft ziemlicher Kinderkram gegen die Kebnekaise-Erfahrungen am ersten und zweiten Tag ;)
                                In Sälka angekommen finden wir den Shop geschlossen vor. Wir sind wohl eine Stunde zu früh. Im Vorraum sitzen drei naja so um und bei 35 Jährige Weibchen rum, die auf unsere Frage woher sie denn kämen: „from da wes coas“ antworten. Herrlich diese Amerikaner; schieben erst nach ein paar Sekunden: "USA" hinterher, als ob es vollkommen selbstverständlich ist. Naja über Amiland in toto könnte ich hier sowieso seitenweise schreiben, lasse es aber um nicht ins politische unkorrekte abzudriften…
                                Nundenn, auffällig war dass die Guten mit Turnschuhen, kurzen Hotpants und 30 Liter Rucksäcken unterwegs waren. „Yeah you know, we have a sort of ultra-ultra-light tent“
                                Na denn mal Prost Mahlzeit denke ich mir. Eine Nacht mit ein bisl Wind und Wetter und die kommen in Bodybags nach Hause ^^
                                Im Shop bezahlen die Amis vor uns und verlassen den Laden, woraufhin die Stugvartin uns erstmal klarmacht, dass sie Deutsch viel lieber spricht als Englisch. Sie hat ein paare Jahre in Deutschland gelebt/studiert und liest immer noch viel deutsche Literatur. Schon witzig so mitten in der Pampa.
                                Wir gönnen uns hier zum ersten Mal eingelegte Früchte zu etwa 6€/250g Dose zu unserem Müsli. Real Turmat haben sie hier leider nicht mehr, sondern nur noch irgendwas mit „Blä“, was nicht annähernd so gut schmeckt.
                                In weiser Voraussicht kaufen wir auch noch 4 Dosen Cola und Sprite. Denn heute Abend erreichen wir mit dem Tjäkta Pass den höchsten Punkt des Kungsledens und der Plan sieht vor dort oben aus rein pragmatischen Gründen der Gewichtsreduktion den Whisky zu leeren *g*
                                Die neuen Cereals werden für „mhm mjam mjam legga müsli“ befunden und so geht es gestärkt auf in Richtung Pass, den wir schon seit einiger Zeit sehen können.
                                Auf dem Weg dorthin diskutieren wir stundenlang über alles was wichtig ist: Frauen und Autos. Letztere werden für gut, erstere für so lala befunden. Nach einer Pause am See geht es dann auf den Tjäkta Pass zu und hinauf. Der Aufstieg stellt sich als recht steil heraus und nach 2 Metern hat Pempi keine Lust mehr Angenehmerweise ist es jedoch ein gefühlt kurzes Stück und so stehen wir um und bei 16 Uhr vor der Topstugan, die richtig einladend aussieht. In den Reiseberichten heißt es immer, dass der Blick von hier ins hinter uns liegende Tal der schönste Ausblick des Kungsledens sein soll, aber so richtig können wir das noch nicht nachempfinden.
                                In der Hütte braten wir uns erstmal was zu essen und stoßen mit Whisky-Cola auf die Reise an. In der Zwischenzeit sind zwei junge Schweden eingetroffen, die einen lässigen Eindruck machen. Wir kommen schnell ins Gespräch. Es stellt sich heraus, dass sie aus Fallun und Stockholm kommen und gerade dabei sind ihr eigenes Land kenennzulernen. Ihr Plan sieht vor den Kungsleden von Abisko bis Nikaluokta in 14 Tagen zu wandern und fallen aus allen Löchern, als wir offenbaren, dass wir bis hier gerade 2,5 Tage unterwegs sind.
                                Beide sind äußerst weltoffen und so unterhalten wir uns die nächsten 6 Stunden über unterschiedlichste Themen. Vom deutschen Sozialsystem bis zu schwedischen Autos und globaler Umweltproblematik.
                                Wir trinken Whisky, rauchen Cigarren, kauen Kautabak und überhaupt: Es geht uns mal wieder saugut in der kleinen Hütte bei um und bei 35° dank auf Maxkraft laufendem Holzofen.



                                Mittendrin machen Pempi und ich uns noch mal auf das Tal zu fotografieren/filmen woraufhin die Jungs uns verklickern den Berg im Osten zu besteigen. Zwei Gründe: Von dort hat man die beste Sicht überhaupt und zweitens können wir ihnen dann Klopapier aus dem Zelt mitbringen, was sie dort oben direkt am Abhang aufgebaut haben.
                                Ohne Gepäck läuft es sich recht einfach den Berg hinauf auf etwa 1300Hm und schließlich offenbart sich vor uns ein gigantisches Panorama.



                                Von hier aus kann man bis weit hinter die über 20km entfernten Singi Hütten sehen. Wir sind sprachlos. Das Wetter spielt perfekt mit und wir chillen nach getaner Arbeit am warmen Stein zur wohl faszinierendsten Aussicht seit langem. O-Ton Pempi: „So eine geile Aussicht hatte ich noch nie, selbst in den Rockies nicht“. Jup, hat schon was

                                Mit ner Rolle Klopapier wieder unten angekommen werden wir mit der Frage empfangen: „Guys what do you think? Camping Place with the worlds best view tonight for us?“
                                Wir können nur bejahen und kauen noch ein wenig Tabak. Das scheint generell ein Riesentrend hier in Schweden zu sein, der völlig an mir vorbeigegangen ist. Die Schweden haben dazu den Tabak in kleinen 1x1cm Päckchen mit einer rauen glasfaserigen Oberfläche verpackt. Man schiebt sie sich hinter die Oberlippe, wo die sie leichte Kratzer ins Zahnfleisch reißen, wodurch der Tabak schnell in den Blutkreislauf aufgenommen werden kann, was bei uns Nichtrauchern erstmal zu nem dicken Nikotinflash geführt hat.
                                Der Grund für die Popularität soll wohl ein generelles Rauchverbot in Schweden zu sein. Mit diesen kleinen Packungen kann man als Nikotinjunkie auch im Restaurant und in der Bar seinem Laster nachgehen. Soweit so gut.
                                Gegen 0:00 schaffen wir schließlich nach Austausch der email Adressen den Abschied und machen uns gen Norden über die Geröllfelder hinab in Richtung Tjäkta Hütten und Alesjaure.
                                Im Osten geht ein herrlich klarer, flimmernder Vollmond überm Fjäll auf und wir laufen (wohl immer noch etwas beschwippst *g*) noch etwa 4km, vorbei an den Tjäkta Hütten bis wir einen herrlichen Platz gefunden haben. Weiches Moos, aber nicht matschig. Links und Rechts von Bächen umrahmt. Wir stellen uns vor William Wallace zu sein und in der Ferne eine englische Armee anmarschieren zu sehen, erstmal muss n Schlachtplan ausgearbeitet werden. Doch vorher gibt es unser Abendessen um 2 Uhr morgens. Draußen ist es bitterkalt, es scheint ein wenig zu frieren. Dank warmer Klamotten und heißem Essen ist uns trotzdem nicht kalt nur im Gesicht beißen die Temperaturen ein wenig, was ich aber als sehr angenehm empfinde.
                                Voll zufrieden geht es in die Heia.
                                Zuletzt geändert von anja13; 28.03.2012, 20:43. Grund: Beitrag wieder hergestellt

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                                • Coenig
                                  Fuchs
                                  • 09.07.2005
                                  • 1400
                                  • Privat

                                  • Meine Reisen

                                  #17
                                  Super geschrieben! Geile Bilder! Da werden Erinnerungen wach!!
                                  www.instagram.com/christian.engelke

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                                  • KuchenKabel
                                    Fuchs
                                    • 30.01.2006
                                    • 2032
                                    • Privat

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                                    #18
                                    Hab gerade mal nachgeschaut, bei welchem Datum du jetzt bist. Gott sei Dank kommen da noch ein paar Tage, die du bitte weiterhin so erstklassig nacherzählst ;)!
                                    ,,Man wäre kein guter Anarchist, wenn man auf Grundsätzen beharren würde!'' - Eva Demski

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                                      #19
                                      4.8.2007

                                      Mit schöner Regelmäßigkeit haben wir nun jeden Morgen perfektes Wetter. So auch an diesem Beginn des 4.8.2007. Einem alles in allem sehr denkwürdigen Tag, denn ich verliere im weiteren Verlaufe zweimal im Schach gegen Don Pempone…und wir erobern Pemponia!!
                                      Doch dazu später mehr.
                                      Als wir vor einigen Stunden das Zelt aufgebaut haben, war es schon wolkenlos, sodass sich zum ersten Mal die Möglichkeit anbot ohne Zelt im freien zu Schlafen. Aus Komfortgründen (arger Wind), habe ich es dann allerdings gelassen. Doch nun verlagere ich mein Lager zumindest für die letzten 2 Stunden Schlaf nach draußen in die pralle Sonne und lasse Pempi verwundert und mit schweren Selbstzweifeln zurück. Mir gehen langsam die Superlative aus, was soll ich sagen: Herrlich war es. Die Sonne wärmt das Gesicht, während die Luft noch immer arktische Frische besitzt und feucht-klar und kühl Nase, Bronchien und Lungen von scheinbar allem Dreck befreit. Dazu der subtile Geruch der subpolaren Vegetation. Schon schön so
                                      Irgendwann mache ich mich zu der Stelle auf, wo die zwei Bäche, die unseren Zeltplatz einrahmen ineinanderfließen und finde eine interessante, zerklüftete von Wasserfällen geprägte Szenerie vor. Natürlich suche ich mir zum Zähneputzen die exponierteste Stelle aus: Auf einem Monolithen, 10m über dem entstehenden Fluss. Schön Füße baumeln lassen und sich mit Zahnpasta vollkleckern, weil man zu faul ist zum Spülen wieder runter zu klettern ;)


                                      Blick nach unten vom Zahnputzfelsen



                                      Pempi hat schon mit dem Zeltabbau begonnen. Sodass hier nur noch das weiße Innenzelt zu sehen ist. Das Marmot Bise 3P hat sich im übrigen super geschlagen. Doch dazu später mehr


                                      Danach geht es ganz balante an den Zeltabbau und anschließend ab in Richtung Alesjaure.
                                      Das fiese an offenem Fjäll ist, dass man Ziele teilweise schon viele Stunden bevor man sie erreicht sehen kann. So auch die Alesjaure Hütten.
                                      Glücklicherweise sind wir beide heute ziemlich fit und nutzen die Etappe entlang des Flusses („er mäandert vor sich hin wie der Strom des Lebens. Mal schlägt er links aus, mal rechts aber er fließt doch immer weiter“), um über Zukunftspläne und Investitionsobjekte fachzusimpeln.



                                      Alesjaue ist dann doch recht fix erreicht und wir decken uns in der großen Hütte (warum zum Teufel musste man die auf einen Hügel bauen???) mit Essen. Tragischerweise gibt es auch hier keinen Honig, mit dem wir immer unser Müsli garnierten, bis er aufkonsumiert war. Sodass wir hier auf Himbeercreme ausweichen müssen. Naja, es wird uns schon nicht umbringen ;)
                                      Aus einem mir schleierhaften Grund erleide ich jedoch alsbald eine Art Schwächeanfall und bin eigentlich zu gar nichts mehr zu gebrauchen außer paralysiertem-nach-draußen-starren. Pempi ergreift die Initiative und schafft ne Menge Coladosen heran, was mich in dem Moment stark an „Long way Round“ mit Ewan McGregor und Charlie Borman erinnert. („You know, he’s me mate, he cares for me“)
                                      Tatsächlich hilft es und durch einen glücklich Zufall erblicke ich in der Spiegelung des Coladosenöffners ein Schachspiel im Nachbarraum, an dem wir die nächsten Stunden verbringen. Leider Gottes kann ich nur einmal gewinnen, sodass Pempi gleichzieht und den Rest des Tages in Feierlaune verbringt ;)

                                      ______
                                      Folks, ich bin zu Müde. Ich schreibe morgen weiter.
                                      Zuletzt geändert von anja13; 28.03.2012, 20:45. Grund: Beitrag wieder hergestellt

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                                      • rumtreiberin
                                        Alter Hase
                                        • 20.07.2007
                                        • 3236

                                        • Meine Reisen

                                        #20
                                        Hauptsache du schreibst überhaupt weiter. Macht Spaß zu lesen.

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